Ein Pärchen steht in der U-Bahn. Wie das bei Pärchen so ist, gab’s hier und dort ein paar Berührungen. Aber nichts Wildes oder Anzügliches.
In der Bahn sitzt auch eine Dame so um die Ende 50. Sie trägt ein braunes Sommerkleid, gemustert mit kleinen gelb-weißen Blüten. Die Bahn hält, alle wollen raus. So auch die besagte Dame, die dem Paar im Vorbeigehen aus dem Nichts ein „Das ist ja ekelhaft“ zuruft.
WTF?
Jetzt bitte mal die Hand heben, wem so etwas Ähnliches schon mal passiert ist.
Und jetzt nehmen alle Lesben, Schwule, Bi, Trans und Queers die Hand runter.
Merkt ihr was? Keine Hand mehr oben…
Solche abstrusen Momente sind für LGBTQ immer noch Alltag. Auch für mich. Denn genau dies ist mir so vor ein paar Tagen passiert. Im Jahre 2018 in Köln.
Was denken alte Frau & manche Menschen?
Macht sich irgendwer Gedanken wie absurd und entwürdigend das ist? Ist irgendeinem „nicht-LGBTQ“ mal die Idee gekommen, dass es ihm/ihr mal so richtig egal sein kann und absolut nichts angeht wen jemand liebt oder begehrt?
Warum spielt das überhaupt eine Rolle?
Wer gibt irgendwem das Recht das zu bewerten und sich damit auch noch im Recht zu wähnen?
Warum muss ich mir – selbst von Freunden (in ihrer Unreflektiertheit) anhören, dass das [sic] „nicht natürlich“ sei?
Warum hat die Frau es nicht geschafft, sich ihre Äußerung zu verkneifen, darüber hinwegzusehen oder schlicht zu akzeptieren, dass manche Männer Männer mögen?
Warum erregt sie sich so sehr daran, dass sie zwei harmlose Typen, die einfach nur lieb zueinander sind, so anfährt?
Außerdem, was denkt sie denn was das bei uns auslöst? Dass sie uns damit „bekehrt“ und wir somit nur noch Frauen wollen?
Homophobie ist keine Meinung
Leider hatten wir ein bisschen gebraucht um zu kapieren, dass ihre Äußerung uns galt. Ich war so perplex, dass ich ihr gerade noch hinterherrufen konnte ihre Mudder sei ekelhaft. Nun ja.
Gerne hätte ich sie mindestens darauf hingewiesen, dass sie zwar eine „Meinung“ haben darf (Btw: Homophobie ist keine Meinung!), aber es von mangelnder Bildung und furchtbar schlechtem Stil zeugt sie ungefragt zu äußern, aber da war sie schon weit weg.
Offensichtlich passten Farbe und Musterung ihres Kleides perfekt zu Ihrer Gesinnung und Ihrer Kleinkariertheit. Immerhin das hat sie drauf.
So lange Menschen, die sich in das gleiche oder beide Geschlechter verlieben,
- nicht die Freiheit haben dies zu tun,
- angefeindet werden,
- sich dumme Kommentare anhören müssen,
- abfällige Blicke kassieren,
- sich aus Furcht vor körperlicher Gewalt nicht trauen können in bestimmten Gegenden Händchen zu halten,
- im Job benachteiligt werden,
- als verweichlicht belächelt werden,
- als krank beschimpft werden,
- nicht Blut spenden dürfen,
- in Medien dumme Stereotypen über sich sehen,
- oder es schlicht notwendig ist immer wieder kleine Outings zu erleben, sei es beim Arzt, in der neuen Stelle, beim Smalltalk oder weiß ich wo,
- Torten verweigert werden dürfen,
- die Natürlichkeit abgesprochen wird,
- (die Liste lässt sich gefühlt endlos fortsetzen)
… so lange ist es nötig, sich immer wieder als stolze Lesbe, Schwuler, Bisexuelle(r) oder Transgender zu zeigen, nicht nur auf CSDs.
Wir sollten zeigen, dass wir da sind, dass wir viele sind, dass wir überall sind, dass wir selbstverständlich sind.
In diesem Sinne,
Happy Pride Month!
PS: Diesen Artikel hab ich auch auf medium.com veröffentlicht (https://medium.com/@tombeta/happy-gay-pride-bb642ad5b072)